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Beitrag vom 06.09.2020
KISS ME KOSHER (Kiss Me Before It Blows Up)
Sharon Adler
Die deutsch-israelische Produktion in der Tradition klassischer Screwball-Comedies um Shira aus Tel Aviv und Maria aus Stuttgart war definitiv der schönste Liebesfilm im Herbst 2020. Die Ingredienzien lieferte die israelische Regisseurin und Drehbuchschreiberin Shirel Peleg, umgesetzt wurde die intelligente warmherzige Komödie mit einem großartigen Cast von jüdischen und arabischen Israelis, Deutschen und AmerikanerInnen.
Was passiert, wenn sich Menschen ineinander verlieben, die eigentlich nicht zusammenpassen, aber ganz offensichtlich doch zusammen gehören? Was, wenn es sich dabei um eine ernsthafte Deutsche und eine temperamentvolle, bindungsresistente Israeli handelt, oder um eine kettenrauchende charismatische Holocaustüberlebende und einen romantischen arabischen Arzt? Genau: Balagan, das hebräische Wort für Chaos.
Im Mittelpunkt der turbulenten Culture-Clash-Komödie um ungleiche Paare steht die 26jährige Szene-Bar-Besitzerin Shira aus Tel Aviv und die 29jährige Biologin Maria aus Stuttgart, die für einen Forschungsaufenthalt nach Israel gekommen ist.
Nach nur drei leidenschaftlichen ersten Beziehungsmonaten ziehen die beiden zusammen, was nicht nur die unzähligen Ex-Freundinnen von Shira, sondern auch deren Großmutter Berta zu einigen spöttischen Kommentaren verleitet.
Für sie ist es undenkbar, dass ihre Enkelin ausgerechnet mit einer Deutschen zusammen ist. Das, und die Tatsache, dass sie sich doch gerade erst an deren Vorgängerin gewöhnt hat, schafft keine guten Voraussetzungen für die nicht an zynischen Kommentaren sparende Berta.
Als Maria ihrer Geliebten zwischen Umzugskisten und auf offener Straße unbeabsichtigt einen spontanen Heiratsantrag macht, ist der Balagan komplett. Denn als die davon völlig Überrumpelte JA! sagt, führt eins zum anderen. Die deutsche Familie reist an und trifft auf die israelische Mischpoche, die so ganz anders ist. Die nämlich streitet sich bei jeder Gelegenheit gern und laut, und bringt dazu frei nach dem Motto: "Sie haben versucht uns umzubringen, wir haben überlebt – lasst uns essen!" mit dem Abendessen auch regelmäßig den Holocaust auf den Tisch. Das verursacht akute Vergangenheitsbewältigungs-Bauchschmerzen bei Marias Öko-Eltern. Die nämlich sieht sich so mit ihrem (fehlenden) Umgang mit der eigenen Familienbiographie während der NS-Zeit konfrontiert. Zu allem Überfluss plappern sie munter antiisraelische BDS-Parolen unkritisch nach, was wiederum bei den Israelis gar nicht gut ankommt. Dennoch, da sind sich alle einig: Jetzt muss die Hochzeit geplant werden!
Es gibt nur eine, die damit nicht einverstanden ist – Berta. Sie versucht mit allen Mitteln, die Hochzeit mit "der Deutschen, der "Goyim" zu verhindern. Und auch zu ihrem eigenen Liebesglück will sie sich öffentlich nicht bekennen, obwohl insgeheim doch schon alle davon wissen…
KISS ME KOSHER ist eine intelligente und moderne deutsch-israelische Komödie in der Tradition klassischer Screwball-Comedies.
Es ist ein Film über die universelle Idee von Liebe, über alle Grenzen, Generationen und Geschlechter hinweg. Das einfalls- und temporeiche, warmherzige Feelgood-Movie um drei Kulturen, zwei Liebespaare und drei Generationen zeigt vor allem eines: Ob alt oder jung, ob jüdisch-israelisch oder arabisch-israelisch, ob Frauen oder Männer – am Ende müssen sie alle sich ihren persönlichen Herausforderungen stellen, wenn sie ihr Liebesglück nicht riskieren wollen.
Deutsch-israelischer-amerikanischer Cast und Produktion
Die Ingredienzien für den definitiv schönsten Liebesfilms in diesem Herbst liefert die 1985 in Venezuela geborene, in Deutschland lebende israelische Regisseurin und Drehbuchschreiberin Shirel Peleg. Mit leichter Hand und mit einem liebevollen Blick auf ihre Charaktere vereint sie in ihrem Debütfilm Comedy-Elemente mit intelligentem Humor, brillanten Dialogen und punktgenauem Wortwitz.
Ohne erhobenen Zeigefinger macht sie die unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven von Deutschen und Israelis ebenso sichtbar, wie die von jüdischen und arabischen Israelis. Damit schafft sie ein tieferes Verständnis füreinander, im Film ebenso wie auch bei den ZuschauerInnen.
Dafür verantwortlich zeichnet sich auch der großartige Cast aus jüdischen und arabischen Israelis, Deutschen und AmerikanerInnen.
In den Hauptrollen performen die Schauspielerin und Regisseurin Moran Rosenblatt ("FAUDA", "LIPSTIKKA", "LIEBESBRIEFE AN EINEN UNBEKANNTEN") als quirlige Israeli, und die Theater- und TV-Schauspielerin Luise Wolfram (Staffel 2 in "Charité", "Mathilde - Liebe ändert alles", und Kommissarin des ErmittlerInnen-Teams im Bremer "Tatort") als spröde Deutsche.
Moran Rosenblatt, die Darstellerin der Shira, zählt zu den typischen VertreterInnen der heutigen dritten Generation junger Israelis. Geboren 1985 in Tel Aviv wurde die Schauspielerin und Regisseurin 2011 in Deutschland einem breiten Publikum durch den Berlinale-Wettbewerbsbeitrag LIPSTIKKA bekannt, für den sie zudem für den Israelischen Filmpreis als Beste Nebendarstellerin nominiert wurde.
Luise Wolfram als Maria stellt ganz besonders immer dann ihr komödiantisches Talent unter Beweis, wenn es darum geht, Coolness zu zeigen, obwohl sie beinahe täglich und überall auf die Ex-Freundinnen ihrer Verlobte Shira trifft.
KISS ME KOSHER ist bis in die kleinste Nebenrolle glänzend besetzt, allen voran überzeugt die Ausnahmeschauspielerin Rivka Michaeli in der Rolle der Großmutter, Safta Berta, und unbestrittenen Matriarchin. Die 1938 in Jerusalem geborene Rivka Michaeli gilt als Ikone der israelischen Kulturszene und ist eine der beliebtesten Entertainerinnen in Israel. Sie ist Theater- und TV-Schauspielerin, Sängerin, Comedienne, und moderierte Talk Shows im Radio und Fernsehen.
Ihren Liebhaber spielt der arabisch-israelische Charakterdarsteller Salim Daw, der zuletzt in "TEL AVIV ON FIRE" sehen war und dem Publikum aus den TV-Serien "Hatufim" und "Arab Labor" bekannt ist.
Die renommierte deutsche Theater- und Filmschauspielerin Juliane Köhler ("Aimée und Jaguar" und "Nirgendwo in Afrika") agiert überzeugend als die Mutter der Braut in diesem Screwball-Reigen um das Heirats-Missverständnis. Den exquisiten Cast komplettieren Irit Kaplan, John Carroll Lynch, Bernhard Schütz, Eyal Shikraz, und Aviv Pinkas vor der Kamera des mehrfach ausgezeichneten Kameramanns Giora Bejach ("FOXTROT", "Lebanon").
Weiteres Highlight des Films sind die Kurzauftritte der israelischen Sängerin und SongwriterinSivan Talmor , die den perfekten Soundtrack für KISS ME KOSHER liefert.
Gedreht wurde KISS ME KOSHER in vier Sprachen – Englisch, Deutsch, Hebräisch und Arabisch. Entstanden ist der Film an nur 27 Drehtagen in Tel Aviv und Jerusalem mit einem israelischen, deutschen und amerikanischen Team. Das musste nicht nur mit der glühenden israelischen Sommerhitze, sondern auch mit einem Bombenalarm klar kommen, was vor allem bei der deutschen Crew zu einer neuen Sicht auf das Land führte.
Dazu meint Produzentin Christine Günther: " Dieser besondere Vorfall gab unserem deutschen Team eine Ahnung von den Erfahrungen der Israelis und offenbarte völlig unterschiedliche emotionale Reaktionen, die ein lebhaftes Gespräch in Gang setzten und ein gemeinsames Verständnis dafür entwickelten, was es bedeutet, in den Schuhen des anderen zu gehen."
"KISS ME KOSHER ist eine Produktion von Fireglory Pictures, Christine Günther und Chevy Chen, in KoProduktion mit Erfftal Film- und Fernsehproduktion, SWR und ARTE. Die Redaktion haben Brigitte Dithard und Barbara Häbe. Gefördert wurde KISS ME KOSHER von der MFG BadenWürttemberg (Drehbuch), von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), der Filmförderungsanstalt (FFA), vom Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB) und vom Deutschen Filmförderfonds (DFFF).
Umgesetzt wurde KISS ME KOSHER mit einem kreativen Team von überwiegend Frauen – ein wichtiges Anliegen der Regisseurin und der ProduzentInnen.
Über die Motivation, KISS ME KOSHER zu machen, meint Christine Günther: "Unsere Vision war es, eine mehrsprachige unterhaltsame romantische Komödie auf die Leinwand zu bringen, die das Potential hat, verbindende BRÜCKEN zu schlagen über die Gräben zwischen den Kulturen und die daraus resultierenden Konflikte."
AVIVA-Tipp: KISS ME KOSHER ist ein wunderbarer Film zum Lachen und Weinen. Ein Film, dem die Verbindung von Leichtigkeit und Tiefe ebenso gelingt wie die Abbildung von Themen wie die deutsche "Vergangenheitsbewältigung" und das deutsch-israelisch/jüdische Verhältnis, arabisch‐jüdische Gegenwartskonflikte ebenso wie romantisches Gefühlschaos, Balagan.
Herrlich unkoscher spielt KISS ME KOSHER mit Klischeebildern, um sie ebenso lässig zu demaskieren. Ein wunderbarer, ein kluger, temporeicher und unvergesslicher Film.
KISS ME KOSHER
Regie & Drehbuch: Shirel Peleg
Cast: Moran Rosenblatt, Luise Wolfram, Rivka Michaeli, Irit Kaplan, John Carroll Lynch, Juliane Köhler, Bernhard Schütz, Salim Daw, Eyal Shirazi, Aviv Pinkas, Sarah Markowitz, Naama Amit, John Carroll Lynch, und Sivan Talmor
Kinostart: 10. September 2020
Mehr zum Film: www.x-verleih.de/filme/kiss-me-kosher und www.facebook.com/hashtag/kissmekosher
Seine Weltpremiere feierte KISS ME KOSHER am 7. September 2020 im Delphi Filmpalast im Rahmen des 26. Jüdischen Filmfestivals Berlin & Brandenburg www.jfbb.de/film/kiss-me-kosher
Queer-jüdischer Kinoabend: "Kiss Me Kosher"
8. Januar 2021, 19 Uhr in der W. Michael Blumenthal Akademie
Das Jüdische Museum Berlin zeigte in Kooperation mit Keshet Deutschland e.V. den Film "Kiss Me Kosher (Kiss Me Before It Blows Up)" und lädt anschließend zum Gespräch mit der Regisseurin Shirel Peleg ein.
Mehr Infos und Anmeldung unter: www.jmberlin.de